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3.1 Aufbau und Funktionsweise eines Luftelements

Unter einem Luftelement versteht man ein galvanisches Element, in dem chemische Energie von verschiedenen Brennstoffen (z. B. Aluminium) auf elektrochemischen Wege direkt, d. h. ohne den verlustreichen Umweg über Turbinen, Generatoren, o. Ä., in elektrische Energie umgewandelt wird. Es besteht aus einer Sauerstoffelektrode (1), die durch einen Elektrolyten (3, z. B. NaCl-Lösung) leitend mit einer anderen variablen Elektrode (2) verbunden ist. Die Sauerstoffelektrode muss dabei eine poröse Struktur besitzen und mit einem Katalysator, wie z. B. Platin oder Silber beschichtet sein, um die elektrochemische Reaktion zu beschleunigen bzw. erst zu ermöglichen. Als zweite Elektrode können vielerlei Stoffe, wie Wasserstoff, Aluminium oder Formiat Verwendung finden. Der Elektronenfluss entsteht dabei aus der Differenz des elektrochemischen Potentials der einzelnen Elektroden. Somit lässt sich die Spannung eines solchen Systems folgendermaßen ermitteln:

U = U0(Kationen) - U0(Anionen)

An der Elektrode mit dem geringeren elektrochemischen Potential findet dabei die Oxidation statt, d. h. der jeweilige Stoff geht unter Abgabe von Elektronen in Lösung. Diese Elektrode bezeichnet man auch als Anode. Da hier (die negativen) Elektronen gewonnen werden, entsteht ein negativer Ladungsüberschuss gegenüber der anderen Elektrode. Folglich befindet sich hier der Minuspol des galvanischen Elements.

Die Sauerstoffelektrode, deren elektrochemisches Potential überdurchschnittlich hoch ist (U0(Sauerstoff) = +0,81 V) sollte aus Gründen der Effizienz die Kathode des galvanischen Elements darstellen. Dabei handelt es sich um eine sog. Gasdiffusionselektrode, die durch den Entwicklungsschritt von glatten zu porösen Elektroden entstand. Man verwendet für ihre Herstellung eine Emulsion aus 30 % Silber, Kohle und PTFE, die als dünne Folie auf ein Silbernetz gepresst und nach dem Trocknen auf eine poröse, hydrophobe PTFE-Schicht aufgebracht wird.6) Aufgrund ihrer Position im galvanischen Element als Wand zwischen Gasraum und Elektrolyt, bildet sich in ihrem Inneren die gewünschte Dreiphasengrenze Katalysator/Gas/Elektrolyt aus und verhindert gleichzeitig ein Eintreten des Reaktionsgases (Luftsauerstoff) in den Elektrolytraum. So kann der Sauerstoff ungehindert Elektronen aufnehmen und in Lösung gehen. Das Silbernetz dient sowohl als Stütze für das poröse Material als auch als Stromleiter während einer laufenden Reaktion, um die entsprechenden elektrischen Ladungen an- bzw. abzuführen.

Die an der Anode gewonnenen Elektronen fließen nun über einen externen Leiter zur Sauerstoffelektrode und können direkt als Nutzstrom abgegriffen werden. Dort angelangt leiten sie die Reduktion des Sauerstoffs ein. Grundsätzlich liefern solche galvanischen Elemente nur solange Strom, wie ihnen die umzusetzenden aktiven Stoffe zugeführt werden. Luftelemente dieses Aufbaus werden gewöhnlich im Bereich zwischen Raumtemperatur und 200°C betrieben.

3.2. Untersuchung und Charakterisierung eines Al/Luft-Elements

Um die Eigenschaften von Luftelementen näher charakterisieren zu können, wählten wir die geschlossene Form einer Aluminium/Luft-Zelle. Dies gestaltet sich als sinnvoll, da Aluminium mit 2980 Ah/kg zum einen eine hervorragende Kapazität besitzt, d. h. einem kg Aluminium lassen sich 2980 Stunden lang konstant 1 A entnehmen, und zum anderen aufgrund seines negativen Potentials in der elektrochemischen Spannungsreihe (U0(Aluminium) = -1,67 V), wodurch eine hohe Endspannung erzielt werden kann. Außerdem ist es so möglich, unsere experimentell gewonnenen Ergebnisse mit den leicht zugänglichen Daten einer herkömmlichen PEM-Brennstoffzelle zu vergleichen, und somit eine abschließende Aussage über Wasserstoff als Sekundärenergieträger zu formulieren. Als Elektrolyt diente 3-molare Kochsalzlösung (NaCl-Lösung, c = 3 mol/l). Der Abstand der Aluminium- zur Luft-Elektrode (4) betrug 44 mm, was genau der Mitte des Zelltrogs entsprach. Es ergab sich folgende Konfiguration:

Offene Formen dieser Zellkonfiguration, d. h. die Reaktion findet nicht innerhalb eines Zelltrogs statt, sind im Bereich der Seefahrt vorgesehen, wo einfaches Meerwasser als Elektrolyt verwendet wird. Als Verbraucher wäre z. B. das GPS-Navigationssystem oder die Bordbeleuchtung zu nennen.

3.2.1. Chemische Vorgänge

Bei der hier auftretenden Redoxreaktion handelt es sich um eine Gleichgewichtsreaktion, in der das Elektronendefizit auf Seiten der Luft-Elektrode durch wandernde Elektronen, die durch einen Elektronenüberschuss auf Seiten der Aluminium-Elektrode entstehen, ausgeglichen wird. Das elektrochemische Potential von Aluminium liegt, wie bereits beschrieben, im negativen Bereich (U0(Aluminium) = -1,67 V) und ist somit im Vergleich geringer als das der Sauerstoffelektrode (U0(Sauerstoff)  = +0,81 V). Daraus geht hervor, dass die Aluminium-Elektrode die Anode (Minuspol) des Systems darstellt. Die Luft-Elektrode kann folglich nur noch die Kathode (Pluspol) des Systems bilden.

Das Aluminium geht nun unter Abgabe von 3 Elektronen pro Atom in Lösung und bildet mit dem Wasser Al(OH)3-Moleküle, welche als silberne, gelförmige Masse (Abb. 3: Element während des Betriebs ) im Elektrolyten sichtbar werden. Diesen Vorgang bezeichnet man als Oxidation (Elektronenabgabe).

Abb. 3) im Elektrolyten sichtbar werden. Diesen Vorgang bezeichnet man als Oxidation (Elektronenabgabe).

Anode:  2Al + 6H2O <- > 2Al(OH)3 + 6H+ + 6e-

Die freigewordenen Elektronen fließen nun über den Außenleiter zur Kathode, wo sie den zugeführten Luftsauerstoff (O2) reduzieren:

Kathode:  3/2O2 + 3H2O + 6e- -> 6OH-

Die Gesamtreaktion innerhalb des Zelltrogs stellt folgende Gleichung dar:

Redoxreaktion:  2Al + 3/2O2 + 3H2O -> 2Al(OH)3

Nach der im Teil 3.1. aufgeführten Gleichung ergibt sich für das Aluminium/Luft-Element eine theoretische Spannung von U = 0,81 V - (-1,67 V) = 2,48 V . In der Praxis wird eine solche Spannung allerdings nicht erreicht, da Spannungsverluste z. B. durch Reaktionshemmungen, ungenügende Gasdiffusion oder Temperaturschwankungen auftreten. Wie aus der Reaktionsgleichung hervorgeht, ist die Entladekapazität eines solchen Elements, nicht nur durch die Menge an Aluminium begrenzt, sondern es werden auch erhebliche Mengen an Wasser benötigt, ohne das die Reaktion nicht stattfinden kann. Dies spricht in der Praxis für den Betrieb von offenen Aluminium/Luft-Elementen, da dort nach Verbrauch lediglich das Aluminium als Brennstoff ausgetauscht werden muss, nicht jedoch der Elektrolyt.

3.2.2. Belastungskennlinie

Um die Belastungskennlinie zu erhalten, wird das Element mit verschiedenen Widerständen belastet und anschließend die gemessene Klemmspannung U gegen die Stromstärke I aufgetragen. Es ergibt sich folgende Kennlinie7):

Betrachtet man die Spannungskennlinie, so stellt man fest, dass sie bis zu einer Stromstärke von 10 mA sehr stark abfällt und anschließend bei steigender Stromstärke kontinuierlich in ungefähr gleichbleibenden Intervallen fällt. Dieses Phänomen kann man folgendermaßen erklären: Im Zustand der Ruhespannung fließt kein Strom, da der Widerstand nahezu unendlich groß ist. An diesem Punkt ist die Zellspannung am größten (829 mV). Bindet man das Element nun in einen Stromkreis mit einem Belastungselement fester Größe ein, so beginnt der Elektronenfluss und es können Elektronen den Leiter passieren. Gleichzeitig baut sich ein elektrisches Feld innerhalb der Elektrolytflüssigkeit auf, das auf den immer vorhandenen Innenwiderstand eines galvanischen Elements zurückzuführen ist. Dieses wirkt der Spannung, die sich zwischen den beiden Elektroden aufbaut entgegen. Je mehr Elektronen pro ZE nun durch den Elektrolyt fließen, umso stärker wird das elektrische Feld.
Mit anderen Worten: Am Innenwiderstand Ri fällt die Spannung U = Ri * I ab. Folglich sinkt die Spannung des gesamten galvanischen Elements, wenn die Stromstärke zunimmt.

Der im Diagramm zusätzlich zu erkennende Motor soll als Beispiel für einen möglichen Verbraucher dienen und verdeutlichen, dass es sich dabei auch um einen Widerstand im Stromkreis handelt.

Neben der Spannungskennlinie des gewählten Al/Luft-Elements, ist auch die Leistungskennlinie von großer Bedeutung. Leistung P ist definiert als der Quotient aus der verrichteten Arbeit W und der dazu benötigten Zeitspanne t, also als P = W / t. Ausgedrückt in elektrischen Größen, schreiben sich die Arbeit als
Wel = U * I * t und die Leistung P = U * I.
Betrachtet man das Diagramm, so stellt man fest, dass die Leistungskennlinie einen parabelähnlichen Verlauf beschreibt: Sie steigt langsam bis zu ihrem Maximum an und fällt danach wieder. Folglich besitzt dieses Luftelement ein Leistungsmaximum, bei dem die verrichtete Arbeit pro Zeiteinheit am größten ist. Auch wird deutlich, dass der Motor nicht "in der Nähe" dieses Leistungsmaximums läuft; der Widerstand, den er für den Stromkreis darstellt ist dafür zu groß.

3.3 Konfigurationsabhängigkeit der Al/Luft-Elemente

Wie die folgende Kennlinie zeigt, ist die Leistung eines Al/Luft-Elements stark von der Konfiguration abhängig. Einer dieser Faktoren ist das Elektrodenmaterial, dessen Einfluss die folgende Kennlinie verdeutlichen soll:

Kennlinie eines Al/Zn / Luft-Elements

In diesem Fall wurde anstatt einer reinen Aluminium-Elektrode eine mit Zink beschichtete Aluminium-Elektrode benutzt. Wie die Kennlinie zeigt, weist eine solche Konfiguration fast die doppelte Leistung auf, wobei der Spannungsabfall bei höheren Strömen gering ist. Die Ruhespannung beträgt nun 900 mV, was ebenfalls eine geringfügige Verbesserung gegenüber dem zuvor gemessenen Luftelement darstellt. Diese Änderungen ergeben sich aus der zusätzlichen Wechselwirkung, in die das Aluminium mit dem Zink tritt: Das elektrochemische Potential von Zink (Zn) ist mit UO(Zn) = -0,76 V positiver als das von Aluminium. Somit wird der Oxidationsvorgang an der Aluminium-Elektrode durch die Bildung eines Lokalelements verstärkt, so dass mehr Aluminium-Anionen in Lösung gehen und sich die Leistungsfähigkeit vergrößert.

3.4. Weiterführende Gedanken

Wie man feststellen kann, entspricht die theoretisch mögliche Spannung des Al/Luft-Elements von 2,48 V nicht der gemessenen Ruhespannung von 829 mV. Diese Differenz lässt sich durch spezielle Änderungen der Versuchparameter verringern. Zum einen ist es möglich die Aluminium-Elektrode mit einer speziellen Legierung, wie z. B. Zink (Zn) zu versehen oder die Reinheit des Aluminiums zu variieren. Auch ließe sich der Elektrolyt austauschen: Anstatt NaCl-Lösung könnte man Kalilauge (KOH) verwenden. In diesem Fall wäre eine weitere Variationsmöglichkeit der pH-Wert oder die Konzentration. Durch den Einsatz von (gfl. selbst hergestelltem) Meerwasser ließe sich überdies der Einsatz solcher Elemente in der Seefahrt veranschaulichen und näher charakterisieren. Zum anderen ist es möglich die Leistung eines solchen Elementes zu steigern, indem man den Elektrodenabstand verkleinert, da so der hohe Innenwiderstand abgebaut wird. Die Abdeckung und Auswertung von allen genannten Konfigurationen, deren Anzahl unbegrenzt ist, sprengt allerdings den Rahmen dieser Arbeit.


6) vgl. Brennstoffzellen und Luftelemente
7) vgl. Anhang B: Messwerte und Versuchsaufbau

 

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Erstellt am 01.06.2001; zuletzt geändert am 12.09.2004 . (Ka)